Beat Glur, Neue Luzerner Zeitung (27.09.2006)
Zwiespältiger Auftakt zum Zürcher «Faust»-Zyklus: Busonis Oper bleibt auch nach der Neuinszenierung am Opernhaus eine Rarität.
Der in Italien geborene Ferruccio Busoni (1866 1924) liess sich als gefeierter Konzertpianist in Berlin nieder. Von 1915 bis 1920 aber lebte er in Zürich, wo er grosse Teile seines «Doktor Faust» schrieb: eine Rarität, mit der auch die Zürcher Neuinszenierung trotz viel Aufwand kaum ein Busoni-Revival bewirken wird.
Das Problem ist das Werk selber, mit dem sich Busoni weder an Goethes «Faust» noch an schon bestehende Faust-Opern anlehnte. Es ist nicht nur sehr aufwändig besetzt, sondern auch sehr sperrig. Die Musik ist ein gewaltiges, vielseitiges und farbiges Konglomerat verschiedenster Einflüsse, ohne dass ein eigenes Ganzes entsteht. Die Musik ist meist düster, gespenstisch und schwer, manchmal gar schwerfällig.
Glanzpunkt Thomas Hampson
Klaus Michael Grüber, der erfahrene deutsche Schauspiel- und Opernregisseur, scheint mit dem gewaltigen Werk überfordert. Er inszeniert getreu dem Libretto entlang, bringt die Abenteuer von Faust und Mephisto mit viel Aufwand auf die Bühne, vermag aber seinen Figuren nicht wirklich Leben einzuhauchen. Eine Augenweide ist das Bühnenbild des spanischen Malers Eduardo Arroyo. Die Szene ist mit Designergestellen eingefasst, auf denen Glasbehälter mit verschiedenen farbigen Flüssigkeiten stehen.
Getragen wird die dreistündige Aufführung fast ausschliesslich vom Starbariton Thomas Hampson als Faust, der ein Bild von einem Mann fast immer auf der Bühne präsent ist, und von Gregory Kunde als Mephistopheles. Dirigent Philippe Jordan, der Sohn des verstorbenen Armin Jordan, ist bemüht, den Apparat im Griff zu haben. Der Funke zündet jedoch nicht so richtig, weder aus dem Orchestergraben noch von der Bühne. Immerhin ist das Werk in einen «Faust»-Zyklus eingebaut, zu dem in dieser Spielzeit am Opernhaus Zürich noch Gounods «Faust» und Schumanns «Szenen aus Goethes Faust» gehören.