Harmlos-beschwingtes Santi-Fest

Verena Naegele, St. Galler Tagblatt (11.09.2006)

Il segreto di Susanna, 09.09.2006, Zürich

Opernhaus Zürich: Nello Santis Geburtstagsgeschenk mit Wolf-Ferrari und Puccini

Zum 75. Geburtstag von Nello Santi offerierte ihm das Opernhaus Zürich eine Oper nach Wahl. Mit Einaktern von Wolf-Ferrari und Puccini wurde es ein beschwingtes Santi-Fest ohne Tiefgang.

Seit fast 50 Jahren dirigiert Nello Santi in Zürich das italienische Fach um Verdi und Puccini und ist zum unverzichtbaren «Inventar» des Glamourhauses geworden. Wiewohl alles andere als der Inbegriff eines Stars, hat der korpulente kleine Mann mit dem seltsam ausdruckslosen Blick und der resoluten Gestik eine charismatische Ausstrahlung, die das Publikum hinreisst. Wer Santi liebt, der liebt die feurige Italianità, nicht Präzision und technische Vollendung, sondern Lebendigkeit und Dramatik, die auch schon mal den Zusammenhalt zwischen Bühne und Orchestergraben zum Wackeln bringt.

Regie-Experimente sucht man beim Maestro des Sängerkults und der konservativen Werktreue seit jeher vergeblich. Dies gilt denn auch für Grischa Asagaroffs Inszenierung der beiden Einakter «Il Segreto di Susanna» von Wolf-Ferrari und «Gianni Schicchi» von Puccini. Spektakulär war das nicht, womit Santi sein Jubiläum beging, eher hintergründig gewitzt, prachtvoll ausgestattet und etwas oberflächlich. Es sind zwei Konversationsopern mit agiler, rezitativisch angelegter, farbenprächtiger Musik, wobei das eine ein Kammerspiel, das andere ein buntes Ensemblestück, verschiedene Facetten fordern.

Ein feudal im Jugendstil ausgestatteter Herrschaftssalon erwartet uns bei Wolf-Ferraris Geschichtchen: Susanna raucht heimlich, ihr Gatte «riecht» den Nebenbuhler, und schon beginnt das Spiel zu dritt. Wolf-Ferraris Musik schillert in schwärmerischen Arieneinlagen und Duetten, und das Opernhausorchester unter Santis Stabführung blühte, es wummerte und schmolz, wenn auch nicht immer präzis.

Auf diesem instrumentalen Nährboden überzeugte der Bariton Paolo Rumetz als rasender Conte Gil. Gespannt war man auf den Auftritt von Santis Tochter Adriana Marfisi als Susanna, doch konnte sie mit ihrem seltsam verengt tönenden Sopran trotz väterlicher Protektion nicht überzeugen. Schmelzender gelang ihr die Arie der Lauretta «Oh mio babbibo caro» in «Gianni Schicchi».

In Puccinis Komödie triumphierte das homogene Ensemble, wobei Asagaroff sein ganzes Können in der Personenführung ausspielte und auch schon mal eine Slapstick-Einlage wagte. Virtuos und temporeich dirigierte Santi die Musik, die über weite Strecken von einem dichten Parlando der sechzehn Figuren lebt.

Fabelhafte Charaktere zeichneten etwa Cornelia Kallisch als geldgierige Zita oder Giuseppe Scorsin als hinterlistiger Simone. Herr der Szene aber war Leo Nucci als Schicchi, der gekonnt zwischen verstellter Fistelstimme und dröhnendem Bariton changierte und mit orchestraler Unterstützung Florenz zum Glühen brachte.